Ernsthaft jetzt?

„Die Genderfraktion verachtet die deutsche Sprache.“ erklärte der Linguist Peter Eisenberg im Mai diesen Jahres in der Berliner Zeitung. Bereits 2017 gab es in der Süddeutschen Zeitung diesbezüglich einen Artikel von ihm zu lesen. Gendern beschäftigt uns also nicht erst seit heute. Es begann in etwa vor 40 Jahren durch abschaffen des Wortes „Fräulein“. - Da waren viele der heutigen Genderverfechter noch gar nicht geplant. Prozentual sind die Genderverfechter in der Gruppe bis 35 deutlich höher als in den anderen Altersklassen. Ich persönlich finde es sehr amüsant, dass man sich der englischen Sprache bemächtigt, um die deutsche Sprache in vermeintlich richtige Bahnen  zu lenken. „gender“ bedeutet im englischen Geschlecht. Aber halt nicht die weiblichen oder männlichen Geschlechtsteile, sondern das soziale Geschlecht. Das soziale Geschlecht beinhaltet all das, was als  typisch für Frauen oder Männer gesehen wird. Die gendergerechte Sprache soll dafür sorgen, dass sich alle Menschen gleichberechtigt fühlen. Und da die (deutsche) Sprache für viele als „toter Gegenstand“ gesehen wird, kann dieses deutsche Kulturgut ja auch weg. Vielleicht werden wir, wenn wir sie dann endgültig begraben haben, feststellen, dass der Ausdruck, die Benennung einer Sache, überhaupt nicht das eigentliche Problem gewesen ist. Man merkt ja häufig erst beim Abschied, wie schön es doch war… 

Vielmehr sollten wir uns fragen: Wie wichtig ist das richtige Wort, ist es, die richtige Bezeichnung zu benutzen? Ist es nicht viel wichtiger richtig zu handeln als richtig zu formulieren? Machen wir es uns nicht viel zu einfach, indem wir den größten Teil unserer Energie dazu nutzen, die richtige Wortwahl zu finden? Nutzen wir unsere Zeit richtig, indem wir endlos immer wieder pro und contra suchen und diskutieren? Ist Theorie wichtiger als Praxis?  

Vielleicht denkt ihr das es ausreicht bzw. ein Anfang ist, erst mal genderneutral überall ein *in oder *innen anzuhängen? Was ändert sich damit? Als erstes die deutsche Sprache. Genderneutral geschrieben wird sie fast unleserlich und gesprochen gibt es auf einmal keine Männer mehr. Denn die wenigsten können *in oder *innen deutlich, mit einer winzigen Atempause versehen, vom maskulinen Wort trennen. Achtet einmal darauf. Aber dies nur mal so nebenbei. Ich finde das alles Blödsinn. Dafür haben meine Vorfahren, ähem, Vorfahr*innen, es waren ja Frauen aus Fleisch und Blut, nicht gekämpft. Laut gelacht hätten sie über diesen einfachen Weg der Gleichberechtigung, noch lauter über die Frauen, die sich jetzt wahrgenommen, gleichberechtigt, fühlen. Sie hätten gesagt, ja Kind, alles fein. Lass dich heiraten, hab gekocht für deine Kinder wenn sie aus der Schule kommen und strahle deinen Mann an, wenn du mit dem Haushalt fertig bist, ihm etwas Feines auf dem Porzellanteller angerichtet und serviert hast, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Es hätte sich also was geändert? Nichts. Ok. Das Beispiel war jetzt vollkommen überspitzt, das gebe ich zu. Ihr wisst aber was ich meine?!? Das Gendern hat natürlich auch etwas Gutes. Man(n) redet über die Frau. Hurra! Wir werden wahrgenommen sollten wir jetzt, fröhlich durch die Gassen tanzend, rufen. Die Männer in den Vorstandsebenen schauen uns dabei vom 15. Stockwerk aus, durch ihre Büroscheiben, die bis auf den Boden reichen, in ihrem Büro, welches so groß ist, dass der fünf Quadratmeter messende Schreibtisch darin kaum wahrzunehmen ist, lächelnd zu. Wie einfach die Mäuschen doch zufriedenzustellen sind, denken sie. Ihr Blick geht über die linke Schulter zu der Quotenfrau, die sein Büro betritt. Klar, hat er Zeit, sich kurz ihre Ausarbeitung seines Vortrags für morgen vor internationalem Publikum durchzulesen. Gut gelaunt nimmt er hinter seinem Schreibtisch Platz. Das Leben ist schön. Damit wir uns recht verstehen, ich bin keine Emanze! - Aber ich bin emanzipiert. Mir ist das *in sowas von egal. Und nein, danke. Die Quotenfrau möchte ich auch nicht sein. Obwohl, das Geld ja schon verlockend wäre... Natürlich nicht so viel, wie der männliche Stellenbesetzer bekommt. Soweit sind wir noch lange nicht. Es ist noch ein Weg, ein langer, bis die Frauen für gleiche Arbeit das gleiche bekommen wie ein Mann. Noch länger der Weg als Frau, bei der Bewerbung die ausgeschriebene Stelle – bei gleicher Qualifikation - zu bekommen. Daran muss gearbeitet werden. Dafür muss gekämpft werden. Dafür sollten wir all unsere Energie aufbringen. Dann brauchen wir auch kein *in/*innen als peinliches Mittel zum Zweck mehr. Nämlich dem Zweck, Menschen jeder Kultur, Religion, jeden Geschlechtes gleich zu sehen. Und einzig danach  zu beurteilen, was sie tun, was sie leisten. Deshalb möchte ich abschließend noch einmal fragen, ist es nicht viel wichtiger richtig zu handeln als richtig zu formulieren? 

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